Vor 30 Jahren fuhren Edi und ich als Triathlon-Amateure in unser erstes Trainingslager nach Kärnten an den schönen Wörthersee. Vor 30 Jahren waren die Sommer noch kalt und verregnet. Vor 30 Jahren reisten wir vorzeitig ab und machten einen kurzen Zwischenstopp in Berchtesgaden (bei sonnigem Sommerwetter) und radelten die Roßfeld Ringstraße.
Heute, 30 Jahre später, sollte die Roßfeld Ringstraße (offiziell: Roßfeldpanoramastrasse) wieder alte Erinnerungen wecken.
Dieser Sommer war heiß und trocken und das sonnige und warme Wetter geht jetzt schon weit in den Oktober hinein. Föhn kommt noch dazu und so ist es eigentlich viel zu warm. Die Radlsaison geht in die Verlängerung.
Ich startete gegen 11 Uhr in Bad Reichenhall in westlicher Richtung nach Schneizlreuth. Gleich am Ortsausgang von Badreichenhall geht’s schon bergan auf der alten Salzstraße vorbei am Thumsee. Der Anstieg endet am Antonibergtunnel, einem kurzen Durchstich mit 96m Länge. Dies ist eigentlich ein kleiner Pass hinüber ins Weißbachtal. Nach einer kurzen Abfahrt mündet die St2101 in die Deutsche Alpenstraße.
Schneizlreuth, ein eher unbedeutendes Dorf, war mir jedoch sofort durch das Lied „Die Schönheitskönigin von Schneizlreuth“ ein Begriff.
Hier musste ich für knapp zwei Kilometer bis Unterjettenberg viel LKW Verkehr ertragen. Die Deutsche Alpenstraße ist halt in diesem Abschnitt auch eine wichtige Verbindung von und nach Österreich. Ab Unterjettenberg war‘s dann wieder ruhig, ging aber auch gleich wieder bergauf. Der Anstieg zog sich über sechs Kilometer bis zur Schwarzbachwacht, auch „Wachterl“ genannt. Das Passschild (868 m ü. NN) befindet sich allerding gute 500m vorm eigentlichen Sattel.
Hier bog ich auf die ‚Alte Reichenhaller Straße‘ BGL14 ab. Eine total schöne Strecke. Hier könnte man auch noch die Schleife um den Hintersee fahren, dies habe ich aber verpasst. Eine bessere Vorbereitung (hi hi, siehe auch Edis Bericht über den Monte Bondone) wäre durchaus lohnenswert gewesen. Aber ich hatte ja noch einiges vor mir.
Foto-Termin in Ramsau bei Berchtesgaden ist obligatorisch. Die Ramsauer Pfarrkirche St. Sebastian ist wohl das bekannteste Motiv der Landschaftsmalerei. Mittlerweile mit Chinesen im Vordergrund.
Danach ging’s wieder auf die Deutsche Alpenstraße und auf den Hochschwarzeck(sattel). Ein weiterer Pass für den Palamrès mit 1043 m ü. NN. Hier gibt’s kein leider Passschild aber einen Aussichtsberg namens ‚Toter Mann‘. Ich war nach den letzten zweistelligen Steigungsprozenten noch lebendig genug.
Ich kam nach Berchtesgaden und musste was essen. Das griechische Restaurant ‚Akropolis‘ mit schöner Terrasse und toller Aussicht ist die alternative Antwort auf die bayrische Heimatidylle.
Gut gestärkt und einigermaßen nervös hatte ich noch ein anderthalb Kilometer bergab, bis zur ultimativen Herausforderung: Start der Salzbergstraße mit 24% Abschnitten. Es ging erstaunlich gut. Ich musste zweimal anhalten um den Puls runterzubekommen, aber fuhr sonst alles durch.
Bis zum Obersalzberg hatte ich noch Autos und Busse als ungeliebte Begleitung. Tourismus hat hier nie Pause. Danach war ich alleine. Ab der Mautstation stehen Schilder, die bei 1000 m ü. NN beginnend, alle weitere 100 Höhenmeter die aktuelle Höhe anzeigen. Die Steigung nimmt dann auch wieder mehr und mehr zu. Am Parkplatz Ahornbüchsenkopf ist es dann geschafft. Kurz noch aus dem Wald rollen und dann die gigantische Aussicht nach Osten und Norden genießen.
Die Kammstraße verläuft so ziemlich genau auf der Grenze Deutschland-Österreich. Alle paar Meter kann man anhalten und Fotos schießen. Im Süden liegt das Tennengebirge mit dem Hohen Göll, im Süd-Osten sieht man das Dachsteingebirge, im Nord-westen den Untersberg.
Die Abfahrt über Oberau auf bestem Asphalt war gleich erledigt. Zurück in Berchtesgaden wählte ich den Rückweg nach Bad Reichenhall über die St2100 mit schönen Blick zum Watzmannmasiv, aber wiedermal mit sehr steilen Rampen bis Nagllehen. In Winkl war ich dann einigermaßen platt. Hier gibt es einen Radlweg bis Bayerisch Gmain zum Entspannen, weg von der jetzt wieder vielbefahrenen Reichenhaller Straße.
30 Jahre nach unserer ersten Runde über die Roßfeld Ringstraße kann ich sagen, es ist eine lohnenswerte Tour, speziell im Herbst und bei klarer Sicht. Auch wenn ich mich noch so konzentrierte, an die einzelnen Streckenabschnitte vor 30 Jahren konnte ich mich bei bestem Willen nicht mehr erinnern. Nur schien es mir, dass es vor 30 Jahren nicht so anstrengend gewesen war, wie diesmal.