Pässe in Österreich sind immer eine Herausforderung. Egal ob kurz oder lang, sie sind fast ausnahmslos steil.
Zweiprozentige Steigungswerte über lange Abschnitte sind oftmals die Norm. Packt man jetzt vier Pässe in eine Ausfahrt, so wird’s richtig schwer. Edi und ich starteten in Sankt Margarethen im Lungau zum 105 Kilometer langen und fast 3000 Höhenmeter kräftezehrenden Rennen im Nockgebiet.

Vorbereitung

In Vorbereitung auf den aufregenden Tag hatte ich mir noch eine relativ schwere Runde auferlegt. Zum einen wollte ich meine Fitness überprüfen, zum anderen meine Kohlenhydratspeicher leerfahren. Beim Letzteren streiten sich die Gelehrten über die Sinnhaftigkeit, das Erste ist – hinsichtlich auf das am nächsten Tag gesteckte Ziel unter den ersten zwei zu landen – eigentlich Schwachsinn.
Entlang der Mur gibt es einen Radweg, den Mur-Radweg. Doch, wie so oft, ist dieser nicht durchgehend asphaltiert. Dies ist meist so in Österreich. Der Anstieg zum Schönfeldsattel beginnt schon vor dem Ort Pichlern. Die hundert Höhenmeter bis zum Ortsausgang ist die kalte Dusche am Morgen. Jetzt läufts. Bis zum Hochofenmuseum Bundschuh noch mit wenigen Touristen, danach Einsamkeit, Stille und pure Natur. Der Ort Schönfeld ist verwaist, nur die DAV-Hütte, kurz vor der Passhöhe, hatte geöffnet.
In Rennweg traf ich mich mit Edi. Beim (alkoholfreiem) Weißbier besprachen wir, wie wir uns das Rennen einteilen wollen und diskutierten die letzten taktischen Finessen. Immerhin standen, neben dem bereits erwähnten Anstieg nach Pichlern auch noch vier Pässe, einer der 1sten, zwei der 2ten und einer der 3ten Kategorie auf dem Streckenplan.
Auf meiner heutigen „Vorbereitungstour“ hatte ich jetzt noch die Katschberghöhe vor mir. Ein echt harter Brocken. Wie vor 40 Jahren stinkt es hier immer noch nach Kupplungsbelag und Bremsgummi. Mein Bremssystem wollte ich nicht überhitzen und hielt in der Abfahrt nach St. Michael im Lungau dreimal an.

Renntag

10:05 Uhr: Neutralisierter Start in St. Margarethen. Die Teilnehmer machen alle einen hochkonzentrierten Eindruck, hatten beste Ausrüstung. Keiner scheint das bevorstehende Profil auf die leichte Schulter zu nehmen. Die äußeren Bedingungen sind optimal. Kein Wind, angenehme spätsommerliche Temperaturen und für uns bereitgestellte Straßen in bestem Zustand. Die ersten 34 Kilometer, mal abgesehen von der bereits erwähnten kalten Dusche nach Pichlern, laufen entspannt in gutem Tempo. Durchs wunderschöne Tomatal und auf der Schnellstraße von Madling nach Predlitz nutzen wir das Windschattenfahren zu unserem Vorteil. Der erste Pass, die Turracher Höhe liegt vor uns und erste erkennbare nervöse Reaktionen der Teilnehmer sind auszumachen. Zweieinhalb Kilometer leicht klebriger, frischer Asphalt (extra vom Veranstalter arrangiert) soll das Feld sprengen. Das gelingt nur kurzfristig. Schon am Turrachsee, kurz vorm Scheitelpunkt ist das Peloton wieder komplett.

Die Abfahrt ist im oberen Teil traumhaft angelegt und schnell. Dann wechselt der Belag von super auf schlecht und die 23% steilen Abschnitte verschaffen Edi einen kleinen Vorsprung. Fast verpassen wir den scharfen Abzweig zur Nockalmstraße, aber die Streckenposten von Garmin warnen rechtzeitig.
An der südlichen Mautstelle können wir durchrauschen. Ab jetzt wir das Rennen richtig spannend. Reidn 52, die südlichste Kehre der Nockalmstraße zeigt, was uns in Hinblick auf den Verlauf der Straße erwartet.
Die Nockalmstraße erstreckt sich über 34 Kilometer von Innerkrems im Nord-Westen nach Ebene Reichenau im Süd-Osten und liegt im Biosphärenpark Nockberge. Dabei führt sie über zwei Pässen mit je einer Meereshöhe von über 2000 m. Die Schiestlscharte oder auch Graupn-Höhe genannt, ist mit 2024 m ü. d. M. der östlichste Pass der Alpen mit über 2000 m Meereshöhe. Die Eisentalhöhe mit 2042 ist der höhere Pass von beiden. Den einen gibt’s nicht ohne den anderen.
Kehre um Kehre. Reidn um Reidn. Noch bilden Edi und ich ein Team. Wir überlegen, ob wir jetzt schon das Tempo verschärfen sollten. Wir entscheiden uns, dies erst nach der Verpflegungsstelle an Angriff zu nehmen. Die Verpflegungsstelle auf der Schiestlscharte ist bestens organisiert. Auch die Begleitmotoräder, die Kameraprofies und die wenigen Fahrzeuge der Veranstalter und Offiziellen (so vermuten wir) können hier ihre Kohlenhydratspeicher auffüllen. Für reichlich Flüssigkeit ist auch gesorgt.

Edi, der wesentlich bessere Abfahrer von uns, fährt bis zu Grundalm einen ziemlich passablen Vorsprung heraus.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, eine Attacke zu setzten, um dann mit ausreichend Abstand auf die Verfolger bis zur Eisentalhöhe durchzuziehen. Ich bin der erste auf der Eisentalhöhe, verliere aber – wie sollte es auch anders sein – wieder auf der Abfahrt. Zum Glück wartet Edi an der nordöstlichen Mautstelle und wir können uns am letzten Anstieg zum Schönfeldsattel in der Führungsarbeit abwechseln.

Schlussspurt! Runter vom Schönfeldsattel in Richtung Ziel. Jetzt nochmals alle Reserven mobilisieren.
Die Begeisterung der Zuschauer hier auf den letzten Kilometern ist unbeschreiblich. Manche wähnen sich bei der Tour de France und stehen mitten auf der Straße, und das in der Abfahrt und nicht im Anstieg. Für uns wird es zur Hindernisfahrt und mit viel Geschick und einer Portion extra Mut steuern wir links und rechts um die Kühe.

So sehen Sieger aus

Auf den letzten 500 Metern bis zum Ziel können wir uns schon feiern lassen. Ziellinie! Edi und ich landen bei diesem Rennen im Fotofinish auf den Plätzen eins und zwei. So sehen Sieger aus.

Hier geht’s zu den Daten: Nockalmstraße

Ausfahren

Löbenau Mooshöhe

Nach den Belastungen der beiden vorangegangenen Tage fördert eine moderate Belastung die Regeneration. Das ist wichtig. Eine kurze Runde mit einem kleinen Pass ist ideal. Von Radstadt aus zweigt die L233 in ein Hochtal (einfach nur die Forstau genannt) ab. Die Forstauer Straße verbindet das Bundesland Salzburg mit der Steiermark. Der Scheitelpunkt, die Löbenau Mooshöhe, liegt auf 1110m und zählt als Pass.
Ich fuhr gegen den Uhrzeigersinn, hatte somit die 270m Anstieg gleich zu Beginn. Zurück nach Radstadt nahm ich den Enns-Radweg, der – wie könnte es auch anders sein – nur abschnittsweise asphaltiert ist. Aber das war mit jetzt wurscht.

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2 Anmerkungen zu “Schwer is leicht was

  1. weitere Bilder zu unserer Tour findet ihr unter https://www.baazwadl.net/rennradtour-salzburger-land-turracherhoehe-nockalmstrasse-schoenfeldsattel/ .

    TIPP:
    Mein “Ausfahren” am Folgetag war eine Tour auf den Roßbrand (https://www.baazwadl.net/rennrad-salzburger-land-rossbrand/) .
    Wer mal in der Gegend von Radstadt ist, unbedingt rauffahren (gerne sogar mit dem Auto).
    Ein unfassbar genialer Aussichtspunkt mit 360° Blick:
    Hochkönig, Tennengebirge, Gosaukamm, Dachstein, Tauern, Ankogel …

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