Eigentlich wollten wir ja nur mal mit der Karwendelbahn von Innsbruck nach Seefeld fahren. Der Zug schraubt sich über 600 Meter durch Felstunnel und über Schluchten mit wunderbaren Ausblicken nach Süden.
Daraus wurde dann ganz spontan (die Idee hatte Balla) eine kurze Radlreise von Tirol nach Südtirol.
Aufgrund der Wetterlage verlegten wir den Startort nach Seefeld. Das Hotel Sonneneck, mehr eine Pension, ist sehr zentral und eigentlich ruhig gelegen. Um am Sonntag ausgeschlafen zu starten, sind wir früh zu Bett gegangen.

So gegen 23 Uhr wurden wir von einem seltsamen Geräusch geweckt. Dies wurde immer lauter und stellte sich alsbald als ein vibrierender und dudeliger Handywecker im Zimmer unter unserm heraus. Die Gäste waren wohl nicht da. Unsere Herbergsdame definitiv und auch nicht erreichbar. Dies ging bis nach 1 Uhr, an Schlaf war nicht zu denken und die Situation zerrte gewaltig an unseren Nerven.

Erste Etappe 16.09.2018: Seefeld in Tirol – Sterzing | 88 km, 1200 Hm

Wildsee bei Seefeld

Waldstrecke von Auland nach Eigenhofen

Entsprechend übermüdet starteten wir am Sonntagmorgen nach dem Frühstück und den logistischen Aktionen (Autoparken, Räder bepacken…) in Richtung Auland.
Der Zirler Berg ist für Fahrräder gesperrt, aber es gibt eine Möglichkeit auf nicht asphaltieren Wegen ins Inntal zu gelangen. Diese sind steil und man braucht ewig lang, weil man die ganze Zeit entweder am Bremsen ist oder anhalten muss, um die Felgen auskühlen zu lassen. Glücklicherweise wurde wohl vor nicht langer Zeit ein Abwasserkanal verlegt und dadurch ist der Schotter jetzt recht feinkörnig und gut gewalzt.

Schlossbach in Zirl

Im Inntal angekommen folgten wir gleich zwei E-Bikern und fanden so noch vor Zirl den Radweg. Dieser, zu Beginn noch geteert, mündet in einen kaum mehr fahrbaren Feldweg. In Zirl stießen wir dann endlich auf den offiziellen Inntalradweg. Kein wahres Vergnügen. Teilweise Schotter, wenn geteert, dann schlecht und größtenteils an der Autobahn entlang, aber so, dass man das Gefühl hat, direkt auf der Autobahn als Geisterfahrer unterwegs zu sein. Die Befestigung von Ballas neuen Sattel machte auch noch Probleme und ich hatte blöderweise kein Werkzeug mit. Ein Rennradler und ein E-Biker halfen uns mit einem Inbusschlüssel aus und so erreichten wir dann recht durchgerüttelt Innsbruck.

Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster

Zwischen Igls und Patsch

Winterwanderweg nach Patsch

Unter den drei Möglichkeit, radelnd nach Matrei zu gelangen, wählten wir die Schwierigste; die Igler Straße über Vill. Steigungen durchgehend im zweistelligen Bereich und Sonntagausflugsverkehr sind jetzt nicht gerade die besten Voraussetzungen, um sich auf die Fahrt zum Brenner freudig einzustimmen.
Die Rettung und der Wendepunkt kam dann in Igls im Sporthotel beim Mittagessen. Griesnockerlsuppe und Kaiserschmarren mit Zwetschgenröster baute uns körperlich und seelisch wieder auf.
Nach Patsch gings gleich steil weiter. Allerdings hatte uns ein netter, älterer Mann angesprochen, der uns von seinen Ötztal-Radmarathon-Erlebnissen berichtete und seine Frau gab uns den Tipp, den Winterwanderweg nach Patsch zu nehmen. Dies war dann der erste ruhige Abschnitt mit toller Aussicht. So erreichten wir die Römerstraße hinter Patsch und hatten nur das Schlimmste hinter uns.
Rauf und runter geht’s bis Matrei und den Schwung auf den kurzen Abfahrten konnten wir nicht als potentielle Energiereserve für die darauffolgenden Anstiege nutzen, da der tiefste Punkt meist immer eng im Ort oder auf einer Brücke mit fast 180 Grad Richtungsänderung liegt. Die wunderbare Landschaft, der freie Blick auf den Stubaier Gletscher und das sonnige Wetter waren ein Radlgenuss.

St. Peter

Auf der Römerstraße

In Matrei, so schien es, waren alle Gasthäuser an der Hauptstraße geschlossen. Wir setzten uns zum Kaffee und Mega-Sachertorte mit Sahne in den Garten des Parkhotels. Kurz nach Matrei geht’s weg von der Bundesstraße und kann man gut auf Nebenstraßen, die auch als Radweg beschildert sind, bis nach Steinach ausweichen. Danach geht der Radlweg in einen Panoramaweg und anschließend in eine Radroute über, die wir aber nicht mehr würdigen wollten. Also wieder auf die B182. In kühler Luft und auf nur mäßig ansteigender Straße kamen wir gut voran. In Gries machten wir nochmals eine kurze Pause, bevor der Schlussakt zum Brennerpass beginnt. Über eine lange Rechtskurve überwindet man fast die ganzen restlichen Höhenmeter bis zum Pass. Die 10% Steigung forderten jetzt die letzten Reserven.

Am Brennerpass

Alte Bahntrasse nach Gossensaß

Geschafft! Der Brenner und Italien. Schnell ein paar Fotos und ab auf den Eisacktal-Radweg. Die 6,5 Kilometer Umweg, gegenüber der Brenner-Staatsstraße bis nach Gossensaß lohnen sich. Auf der ehemaligen, super geteerten Bahntrasse geht’s weit hinter ins Pflerschtal und wieder raus nach Gossensaß.
 
 
 
Richtung Sterzing nahmen wir dann nochmals den Radweg, um nicht durch die beiden Tunnel fahren zu müssen, obwohl wir jetzt schnellsten zum Ziel wollten. Vor Oberried war uns dann aber die Streckenführung nicht mehr klar und wir entschieden uns doch noch für die Hauptstraße.

So erreichten wir dann auch in 5 Minuten unser Ziel in Sterzing, das Hotel Lamm mitten in der Fußgängerzone.
Wir durften (wie schon so oft in Italien) unsere Fahrräder durchs Hotel schieben. Nach einer ausgiebigen Dusche beendeten wir die erste Etappe bei Wiener-Schnitzel, Knödel und einem wohlverdienten geistigen Getränk.


Zweite Etappe 17.09.2018: Sterzing – Oberbozen | 73 km, 1200 Hm

Gut und lang geschlafen ist die beste Voraussetzung für eine zweite Etappe.
Wir ließen uns Zeit und starteten erst kurz vor halb Elf. Die ersten 50 Kilometer sollte es nur bergab gehen, soweit die Theorie. Gleich am südlichen Ortsausgang von Sterzing trifft der Eisacktalradweg auch auf die Autobahn, bleibt aber nur knapp vier Kilometer parallel dazu. Dann geht’s nach Stilfes, und zwar ordentlich bergauf.

Eisacktalradweg bei Mittewald

Naturabschnitt bei Vahrn

Schon waren sie wieder drauf auf dem Radlcomputer, die ersten Höhenmeter. Was folgt ist ein sehr schöner Abschnitt bis Franzensfeste. Danach geht’s erstmal vogelwild unter der Autobahn durch, rauf und runter, hin und her. Spätestens beim Vahrner See sollte man auf die Hauptstraße wechseln. Der Radweg folgt nämlich einem Wanderweg, der nicht leicht zu fahren ist und man wieder Höhenmeter sammelt.
 
In Vahrn hatten wir genug, wechselten auf die Hauptstraße und ließen es nach Brixen laufen.
Wir schoben die Räder in die Altstadt und machten es uns fürs Mittagessen bequem. „Da ist noch ein Italiener“ hörten wir von einem der tausenden Touristen, der auf der Suche nach einem geeigneten Restaurant war.
Südlich von Brixen führt der Radweg dann immer am Eisack entlang und man bekommt von der Autobahn eigentlich gar nix mit. In Klausen führt er durch die Altstadt und wir waren erstaunt wir schön es hier ist. Man kommt hier ja nie durch, wenn man Autobahn oder Landstraße fährt. In Kollmann war es dann soweit. Wir mussten uns entscheiden. Entweder dem Radweg weiter folgen bis Bozen und dann mit der Rittenbahn hoch, oder die schwierigere aber interessantere Variante über Lengstein nach Oberbozen zu fahren. Zur Entscheidungsfindung setzten wir uns auf eine Cola und einen Cappuccino zum Gasthof Stern.
 
 

Kaiserweg

Kurz vor Saubach

Die Straße, im unteren Teil noch als Kaiserweg bezeichnet, war nur zeitlich begrenzt befahrbar. Ein Fahrverbotsschild mit entsprechenden Hinweisen war aufgestellt. Wir fragten den Wirt, der meinte, dass es mit dem Fahrrad kein Problem sein sollte und wir hofften auf wenig Autos. Die ersten 50 Meter mussten wir schieben. Danach ging’s traumhaft schön bis Saubach.
 
 
Die Trostburg bei Waidbruck, die vor zu Beginn des Anstiegs noch höher gelegen war, lag mit jeder Kehre immer weiter unten im Tal. Langsam öffnete sich der Blick auf den Schlern und die Seiser Alm.

Richtung Rotwand

Blick nach Süden

Balla Richtung Rotwand mit St. Verena

In Saubach trafen wir auf die Straße GS/SC7.1, die wir in südlicher Richtung bis zum Weiler „Rotwand“ weiterfuhren. Jetzt waren wir schon auf der Höhe der Kapelle St. Verena, die wir schon von weit unten als zunächst höchsten sichtbaren Punkt ausmachen konnten. Aber es wurde nicht flacher. Wir erreichten die Baustelle, wegen der die Straße gesperrt war und mussten warten. Ein Bagger, der damit beschäftigt war ein weiters Stück eines Abwasserrohres zu verlegen, blockierte die Straße. Es war kein vorbeikommen.

Baustelle

Michi und der Schlern

Lengstein

Wir nutzten dies als kleine Pause. Wir erreichten den Weiler „Moar in der Sulze“, der neben seinem doch außergewöhnlichen Namen auch ein Schild mit 15% Steigung sein Eigen nennt. 700 Meter Schiebestrecke bis Schwalbenbühler. Anders ist’s nicht zu machen. Jetzt war es an der Zeit Kohlenhydrate nachzuschieben. Perfekt! In Lengstein gibt es einen Lebensmittelladen. Wir kauften die letzte Banane, Trauben und Salzgebäck. Die Besitzerin machte uns Mut. „Ihr schafft des schon! S‘geht lei bis Maria Saal bergauf.“ So war’s dann auch, wenngleich das Wort „nur“ uns wahrscheinlich Mut verschaffen sollte.

Balla bei St.Nikolaus

Dass sich uns dann bis und in Klobenstein immer noch weitere Anstiege in den weg stellten, hatten wir so nicht mehr auf dem Radar. Jetzt war’s auch schon spät (halb sieben) und die Sonne hinter den Bäumen verschwunden. Wir prüften die Möglichkeit, ob wir für die letzten acht Kilometer die Rittner Bahn nehmen können. Das ging nicht, aber die Schaffner erklärte und wir sollen doch über die Freudpromenade fahren, die ist ganz kommod und kürzer als über Wolfsgruben.
Das haben wir dann auch gemacht, wenn auch ein bisschen umständlich. Wir folgten dem Ratschlag, fuhren bis Lichtenstern auf schmalen Wanderwegen durch den Wald und machten zusätzliche 100 Höhenmeter. Es wurde schon dämmrig. Ab Lichtenstern ist die Straße wieder geteert. Wir überquerten das Bahngleis bei Wolfsgruben.
 
 

Guesthouse Gloriette

Kurz nach sieben erreichten wir geschafft, aber sehr glücklich unser Ziel, das „Guesthouse Gloriette“ in Oberbozen.


Streckenübersicht

Strecke: Seefeld – Sterzing
Strecke: Sterzing – Oberbozen

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